Hintergrund

Die Ukraine blickt auf eine lange, reiche und vielseitige Tradition des Figurenspiels zurück, die sich weiter auf hohem Niveau auch auf staatlicher Ebene weiterentwickelt. Insbesondere um dort die Bestrebungen dieses Kulturguts zu unterstützen, zu bestärken und letztlich zu erhalten, ist ein intensiver und nachhaltig angelegter Austausch vonnöten.

Seit Ende Februar 2022 unterstützt UNIMA Deutschland die ukrainischen Kolleg:innen und hat bereits mehreren Geflüchteten geholfen, Obdach und Arbeit in der Bundesrepublik zu finden. Durch intensive Zusammenarbeit mit den UNIMA-Zentren in Österreich, Ungarn und Rumänien, gelang es uns, für die Betroffenen Reisen und Unterkünfte zu organisieren. Im Bundesgebiet wurden u.a. längerfristige Wohn- und Auftrittsmöglichkeiten für die ukrainischen Puppenspieler und ihre Familien geschaffen und durch regelmäßige Telefonkonferenzen die Situation evaluiert.

Auf der diesjährigen Figurentheater Konferenz in Northeim bot man dem geflüchteten Puppenspieler Sergii Soloviev die Möglichkeit, innerhalb des Programmpunktes „Picknick im Park“ seine Show zu zeigen, dies mit großem Erfolg und Resonanz. Die ukrainischen Puppenspieler:innen Daria Ivanova-Hololobova, Serhii Vysotsky und Tetiana und Anastasia Solovjova erhielten die Möglichkeit, am Wochenworkshop im Rahmen der Konferenz teilzunehmen.

Inzwischen besteht ein stabiles Netzwerk ukrainischer Puppenspieler:innen in Deutschland. Es wird u.a. vom deutschen Figurenspieler und Regisseur Bodo Schulte, der ukrainischen Theater­wissen­schaftlerin Dr. Daria Ivanova-Hololobova, die seit März 2022 als Gastdozentin an der Universität Düsseldorf am Programm „Countries in Crisis“ teilnimmt, und Alexej Vancl als Vorstandsmitglied der UNIMA Deutschland koordiniert. Eine weitere Vernetzung auf akademischen Niveau wird angestrebt.

Der Austausch zwischen ukrainischen und deutschen Figurenspieler:innen wird mit diesem Projekt intensiviert, um einen konstruktiven und friedensstiftenden Dialog innerhalb der gegenwärtigen Kriegs- und Krisensituation aufzubauen. Das Figurentheater kann hier eine besondere Rolle spielen. Das Erzählen von berührenden Geschichten regt zum Reflektieren, Diskutieren und Handeln an. Durch seine Eigenart, durch Gegenstände und Material zu sprechen, ist Figurentheater stets gegenständlich. In unserer Kunst ist jeder Gegenstand ein Akteur, ein Zeuge und ein Mittel zugleich. Darin eröffnet unser Genre einerseits eine qualitativ neue Dimension des Dokumentartheaters, andererseits ist das Figurentheater aufgrund seiner Direktheit und visuellen Zugänglichkeit prädestiniert dazu, eine vielschichtige Relevanz für die Bevölkerung herzustellen.

Projektziele

Das Ukrainische Figurentheater ist ein immaterielles Kulturgut, das vor dem andauernden Krieg gerettet werden muss. Ukrainische Figurenspieler:innen sollen in Deutschland ihre Kunst weiter verfolgen können und erhalten im Austausch mit deutschen Kolleg:innen neue Impulse.

Wir vernetzen sowohl die ukrainische Figurentheater-Szene im Asyl, junge ukrainische Figurenspiel-Student:innen mit deutschen und internationalen Dozent:innen, als auch ukrainische und deutsche Figurentheater-Expert:innen auf bundesweiter und internationaler Ebene.

Wir bewirken eine nachhaltige Weiterentwicklung des Figurentheaters in Deutschland und der Ukraine durch die Intensivierung des kulturellen Austauschs zwischen den zwei Ländern über den Ausbau internationaler Netzwerke, Schaffung nachhaltiger Austauschformate und über neue Wege der Publikumsentwicklung.

Der Multiplikatoren-Effekt auf beiden Seiten soll die gegenseitige momentane künstlerische und kulturelle Neugier verstätigen und zu langfristigen Partnerschaften führen.